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LLOVESPELL: Logic Lust

Die Suche nach Ambient gewinnt an Geschwindigkeit     
 
Im LLOVESPELL-Universum scheint alles in Ordnung zu sein, vermute ich. Viele harte Fakten gibt es über die Bands und Künstler auf Sonderübertragung ja nicht, weil das Label dankenswerterweise die Musik und weniger die Präsentation drumherum in den Vordergrund stellt. Zu hören sind jedenfalls auf der neuen Veröffentlichung "Logic Lust" nach wie vor beide Stimmen des Leipziger Duos Mandie K. und Stephan S., also gehe ich einfach mal von Friede und Freundschaft aus.

Nachdem der Abstand zwischen den vergangenen Werken immer rund zwei Jahre betrug, ging es dieses Mal etwas schneller: Der Vorgänger ist erst vor etwas mehr als einem Jahr erschienen. Wie auch "Audioemotional Retreat" (2011, Besprechung) kommt nun "Logic Lust" in einer speziellen Kassettenversion mit Zusatzaufnahmen, und zwar mit LLOVESPELL-Remixen von (bis auf eine mir unbekannte Ausnahme) Stephan Spreer. Dabei handelt es sich um den LLOVESPELL-Gründer selbst, der Songs quer durch die Bandgeschichte – von der ersten bis zur jüngsten Veröffentlichung – neu bearbeitet. Die Kassette ist auf 70 Stück limitiert, die reguläre CD erscheint ohne die Remixe. Abgemischt hat wieder einmal Andreas Wahnmann (FIR§ST LAW), was für hervorragenden, klaren Sound sorgt. Thematisch soll sich dieses Mal alles um das Verständnis sämtlicher Gefühle drehen, die mit Liebe zu tun haben; wobei, wenn ich mir das insgesamt erneut kühle Klangbild anschaue, es möglicherweise eher um das Unverständnis geht, so wie es in "Clear" (09) behandelt wird.

Der erste Song scheint eine Rückkehr zu den früheren, wärmeren LLOVESPELL-Tönen zu sein. Weicher, vor sich hinbrummender Ambient, der die Cold Wave-Atmo der vergangenen Alben wegschmilzt, nach 'echten' Instrumenten klingt und zunächst rein instrumental bleibt. Mit "Something True" (02) stellt sich dann aber doch wieder der eher spacige Sound ein, inklusive der kühlen, verfremdeten Frauenstimme. Darunter liegt ein treibender Rhythmus, der sich wiederholende, schweifende Flächen einbettet. Spätestens hier fällt auf: Die Suche der LLOVESPELLS nach der perfekten Ambient-Musik gewinnt ziemlich an Geschwindigkeit. "Tempting Each Day" (03) legt sogar noch an Tempo zu, wirkt dabei aber noch reduzierter. Dieses Mal ist die Space-Stimme männlich – Minimal Ambient. "Verge" (04) bietet, wie eigentlich mindestens ein Song auf jeder LLOVESPELL-Scheibe, die Vergleichsmöglichkeit mit JEAN MICHEL JARRE, allein durch die integrierten Silben (wie etwa in "Zoolook"). Tuckernde, klickende Beats zum Versinken, auf eine unaufdringliche Art und Weise 'retro'.
"Make You So", "Far Down" und "Aware" (05, 06 und 08) gehen mit längeren, gesprochenen Textpassagen wieder in Richtung Cold Wave. Dazwischen bietet "Lure" (07) zu Klopfen und Klirren eine ungeheuer entspannte Synthiemelodie, die Ein-Satz-Stimme bellend dazwischen. "Clear" (09) ergänzt mein Weltraumbild, das ich seit einiger Zeit von LLOVESPELL habe: Eine roboterhafte Stimme erklärt (wie schon angesprochen), dass sie menschliche Gefühle nicht versteht. Die Begleitung bleibt auch hier dezent, der Rhythmus wechselt häufig, und eine schöne Melodie macht das Stück zum Höhepunkt. Die freundliche Melodie in "Mesh" (10) schließlich wirkt zum Schluss fast esoterisch.
Die Remixe klingen noch etwas reduzierter, noch repetitiver, insgesamt sehr einhüllend und wegtragend. Mit Effekten verzierte und durchweg sehr rhythmische Versionen vergangener LLOVESPELL-Lieder, deren Klangbild aber an dieses neue Album angepasst wurde. Der tiefe, ausgedehnte Charakter der Songs bleibt bestehen.

Es macht einfach Spaß, LLOVESPELL auf ihrer Reise zum Planeten Ambient zu begleiten. "Logic Lust" ist wieder ein Schritt nach vorne, weil die Stücke mehr Geschwindigkeit und (gefühlt) mehr Rhythmus bekommen haben, was dem Projekt noch einmal einen Schub verleiht. Wer elektronische Ambient- und Minimal-Musik mag und LLOVESPELL noch nicht kennt, ist selber schuld.


Michael We. für nonpop.de